„[…]Kenntnisse in Sachen Online-Kommunikation, Typo 3, HTML, Soziale Netzwerke sowie MS Office-Anwendungen von den Bewerbern erwartet. „Multimedialität wird ein großes Thema sein“ …. Zu den Aufgaben gehöre zum Beispiel, Videos zu drehen, Interviews zu führen, sie vor- und nachzubearbeiten sowie ins Internet zu stellen.“
Dies ist ein Auszug aus der Ausschreibung einer aktuellen Praktikantenstelle bei den Grünen, von Bianca heute gepostet. Die Öffentlichkeit und damit vor allem politische Gegenparteien echauffieren sich besonders darüber, dass in diesem Praktikum nur 400 EUR monatlich gezahlt werden solle, wo doch die Partei für Mindestlohnpolitik kämpft. Auch eine interessante Debatte.
Voraussetzung: Kenntnisse in Online-Kommunikation
Mich hat an dieser Stelle etwas anderes fasziniert. Kenntnisse in Sachen Online Kommunikation. HTML. Typo3. Klar, soziale Netzwerke, natürlich, braucht man auf jeden Fall verstärkt. Heutzutage ja sozusagen dem Digital Native in die Wiege gelegt. Oder so.
Kommunikation ist naja, sagen wir, nicht immer ganz einfach. Oder Luhmann sehr frei zitiert, Kommunikation ist ein einziges Missverständnis. Und da frage ich mich, wie viel davon denn ein Berufsanfänger mitbringt. Wie viel er davon mitbringen KANN und wie viel davon ein Unternehmen erwarten DARF. Selbstverständlich darf man fehlerfreien Umgang mit mindestens der deutschen, lieber noch ein bis zwei weiteren Sprachen erwarten. Und genauso selbstverständlich ist sicherlich, mit office-Produkten umzugehen ohne sich und andere zur Verzweiflung zu bringen. Und doch: Ich habe es bisher immer so verstanden, dass ein Praktikant die ganze mit einem Butterbrot bezahlte Tätigkeit macht, um in einen Berufsbereich hinein schnuppern zu können. Um zu testen, ob diese Branche, diese Arbeit, die Strukturen, die er kennenlernt, ihm liegen, ob er sich damit arrangieren kann. Auf der anderen Seite gewinnt das Unternehmen: einen Eindruck von der vorhandenen Sozialen Kompetenz und der Handlungskompetenz des Praktikanten.
Verbesserungsvorschläge und Lernerfahrungen
Und im Praktikum ist für so manchen Studenten auch ganz hilfreich zu erkennen, dass er vieles an theoretischen Wissen nicht „einfach so“ anwenden kann. Dass die echten, die informellen Strukturen, die Kommunikation und Entscheidungen im Unternehmen beeinflussen, nicht in einer Standard-Ablauforganisation abzubilden sind. Dass trotz der vielen Missstände, die man so als cleverer Student ziemlich schnell erkennt, die ganzen guten Verbesserungsvorschläge trotzdem nicht leicht angenommen werden. Dass vielleicht der eine oder andere vermeintliche Missstand sogar in einem, nicht sofort erkennbaren Kontext, seine Berechtigung hat. Oder der Wandel seinem Prozess unterliegt. Dass viele Fehler erst einmal gemacht werden müssen, um Erfahrungen zu gewinnen, weil Fehler Lernerfahrungen sind. Nicht wenige machen alleine deshalb durchaus mehrere Praktika;)
Nicht selten kommen Praktikanten nach einiger Zeit zum Unternehmen als gerne gesehene Mitarbeiter zurück – oder bleiben bewusst fern, auch das kann Ziel des Praktikums sein.
HTML, Typo3, Video, Podcasts, Facebook, LinkedIn … SEO & SAP*
Zurück zu der Frage: Kann ein Praktikant Online-Kommunikation beherrschen? Denn sowohl Kenntnis der Theorie und Grundverständnis der Strategie als auch Beherrschung der Mittel muss vorausgesetzt werden können, um die Unternehmenskommunikation über die sozialen Netzwerke zu übernehmen. Nichtsdestotrotz – die Stellenanzeigen sind voll davon: Praktikantengesuche, sehr, sehr viele für Social Media, für Unternehmensseiten auf Facebook, für diesen Dialog. Mit den anderen jungen Leuten, die im Internet unterwegs sind. Okay, bevor ich übertreibe: es sind sehr viele Praktikumsangebote dieser Art. Die Geschäftsleitung hat oft jahrzehntelange Erfahrung, und scheint doch ratlos bei der Überlegung: Was machen wir mit diesem Social Media? Die Lösung liegt nahe: Ein Praktikant muss her. Ein studentischer Mitarbeiter.
Geschäftsführer! Vorstände! möchte man rufen und fragen: Wie viel Erfahrung brauchen Sie, um mit den Aktionären zu sprechen? Wie viel Geld geben Sie für Marketing, für Ihr gutes Image aus? Bevor es nicht nur mit Wibke, sondern auch mit mir durchgeht: Erfahrung ist nicht das einzige, was erfolgreiche Online-Kommunikation braucht, aber fehlt sie, so muss mittels Lernerfahrungen nachgeholt werden, was Voraussetzung für den Erfolg ist. Auch was das richtige Feeling angeht. Der Blick über den Tellerrand. Die richtigen Fragen stellen… Oder woher soll der Praktikant das alles wissen? Achso, er soll sehr oft – und so auch in der o.g. Anzeige – die sämtliche Soft- und Hardware kennen: Typo3. Ein bisschen Programmierung. Designkenntnisse: aber sicher! State-of-the-Art-Videos, Podcast, Präsentationen, SQL, PM, CRO, SEO & SAP* – auch das alles…
Image, Reputation und Conversion
Unwissenheit und Naivität können wirklich schöne Initiatoren sein um Dinge zu beginnen. Um den Mut zu entwickeln, in neue Bereiche vorzustossen. Insofern ist die Einstellung der Newcomer, die unerschrocken sich auf genau diese Praktikum-Angebote bewerben, wichtig für das eigene Überleben, das erfolgreiche Vorwärtskommen. Die werden ihre eigenen Erfahrungen machen! Online-Kommunikationsspezialisten arbeiten auch gerne mit Praktikanten zusammen und bieten Raum, diesen spannenden Bereich kennenzulernen und erste Erfahrungen im Real Life zu machen. Die Unternehmen aber können mit Online Kommunikationsspezialisten, also den „echten“, die das auch schon mehr als bei ein paar Projekten während des Studiums mal gemacht haben, einiges gewinnen: Image, Reputation und am Ende des Prozesses sicher auch Conversions.
*SEO & SAP – Ein kleiner Insider der aus einer anderen Stellenbeschreibung stammt. Auch amüsant:)